LOBESREDE

(von Winfried Bauer, April 2022)

Nennen wir es einen Glücksfall,
nennen wir es ein wohlmeinendes Schicksal,
nennen wir es einen erfreulichen Zufall,
nennen wir es KAIROS, wie der Altgrieche sagt, den richtigen Zeitpunkt
oder sagen wir es mit dem schlichten fränkischen Ausdruck „Passt!“
Es hat einfach zammgepasst sich so entwickelt, dass der Hans heute hier unter uns ist. Und darüber sind wir alle froh, dafür sind wir vom Fränkische Schweiz Verein sehr dankbar.

Endlich dürfen wir ihn als Vorsitzenden der Ortsgruppe Ebermannstadt des Fränkischen Schweiz Vereins verabschieden. Nicht, weil er so lange an seinem Posten als Vorsitzender klebte, sondern weil wir uns zu Neuwahlen, seiner Verabschiedung in einem würdigen Rahmen nicht treffen durften.

Zu einem würdigen Rahmen gehört selbstverständlich ein Blick auf die Person Hans Weisel, der Dr. war er ja nicht von Anfang an!
Dass wir heute hier zusammengekommen sind, um uns bei ihm zu bedanken und ihn zu loben, was Sinn einer „Laudatio“ ist hat man ja nicht ahnen können, als er 1938 im Forchheimer Krankenhaus auf die Welt gekommen ist.

Ich werde mich also etwas näher mit ihm und seinem Leben beschäftigt und möchte sein Leben jetzt vor ihnen und euch ausrollen:

  • Rolle abwickeln

Gegen Ende des Jahre 1938 erblickte Hans das Licht einer zunehmend unsicheren Welt. Trotz des herannahenden Krieges konnte er in Wiesenthau bei seinen Eltern und seinem Bruder eine unbeschwerte Kindheit verleben.
Dort besuchte er zuerst die „klaa Schul“ Klassen 1 – 4 und dann 1 Jahr die „groß Schule“ unter den Augen teilweise strenger Pfarrer und Lehrer oder Lehrerinnen, darunter auch meine Mutter.

Weil er seine lateinischen Texte als Ministrant so gut aufsagen konnte – ich denke da besonders ans SUSCIPIAT – war er fürs Gymnasium natürlich geeignet.
Schon mit 12 Jahren zog es ihn in die Ferne, nach Freystadt, dann nach Bamberg. „Mir machte das Von-zu-Hause-Fortsein nichts aus,“ schreibt er selbst über seine Zeit im Internat. Dass er in dieser Zeit leidlich Klavierspielen lernte, Bratsche und Violine spielte, in verschiedenen Chören sang und in der Schulmannschaft im Fußball einen Stammplatz hatte, sei nur am Rande erwähnt.

Zitat aus seinem Lebenslauf: „Nachdem ich mit mir im Reinen war, dass es zum Franziskaner nicht reichte, es waren aber keine Mädchen im Spiel, verließ ich das Internat nach der 8. Klasse (alter Zählung) ... für das letzte Schuljahr am Gymnasium.“

1959 legt er sein Abitur erfolgreich ab und nutzt die Zeit bei der Bundeswehr besonders dazu, den Berufsweg oder den Studierwunsch weiter zu eruieren.

Seine großen Radtouren, die er in dieser Zeit nach Kärnten, an die Ostsee, nach Belgien, Holland und später auch nach London unternahm, haben sicherlich die Grundlage für die großen und kleinen Radtouren des FSV Ebermannstadt gelegt.

Er tendierte schon zu Mathe/Physik, aber als Humanist mit Schmalspurphysik, hatte er so seine Bedenken. Ein Onkel gab den Ausschlag. Er meinte: „Du bist in Mathe sehr gut und liebst das Fach, bist gerne draußen unterwegs, nimm noch Geographie dazu!“

  • Quasi als Nacharbeit für diesen Studiengang habe ich antiquarisch das ideale Standardwerk entdeckt: „Leitfaden der mathematischen und physikalischen Geografie“ von Dr. Michael Geistbeck, Hans sicherlich bekannt, auch wenn das Werk aus dem Jahr 1904 stammt. -> Buch übergeben

Und nun wurde das Leben wieder etwas ernster. Nach Allerheiligen begann das Studium in Mathe und Geographie in Erlangen. Er wohnte in Bubenreuth.

Er bekam Bafög, sparte viel und konnte sich am Ende der Studienzeit sogar ein kleines Auto, einen NSU Prinz für 2400 DM leisten.

Während seiner Studien- und Promotionszeit qualifizierte er sich bei zahlreichen Exkursionen, über die er gerne ausgezeichnete Berichte verfasste. Das war eine hervorragende Vorbereitung auf seine späteren Aufgaben als Initiator, Organisator und Referent für so viele Unternehmungen, Familienfreizeiten, Radtouren und Ausflüge unserer Ortgruppe.

Für diese Tätigkeiten stellen wir ihm heute gerne die beste Note aus, mit der auch seine Doktorarbeit bewertet wurde: summa cum laude, mit höchstem Lob, also „Sehr gut“!

Weil er sich entschlossen hatte, die eher enge forschende Tätigkeit gegen die breite Anwendung des Wissens im Schuldienst zu tauschen, begann er mit dem Referendariat im Februar 1970 in Würzburg und Burglengenfeld.

In dieser Zeit belegte er zusätzlich an Unis oder in der VHS Sprachkurse in Serbokroatisch, Russisch, Französisch und später in Ebermannstadt Spanisch. Italienisch hatte er schon in seiner Bundeswehrzeit geübt.

Nach dem Referendariat zog es ihn / sie nach Neumarkt, wo sie sich eigentlich, in sicherer Entfernung von der Heimat, niederlassen wollten. 1978 heirateten Monika und Hans, um seiner Bewerbung an das neu gegründete Gymnasium Ebermannstadt Nachdruck zu verleihen. Nein, so plötzlich kam Monika nicht ins Leben von Hans Weisel. Ungefähr 15 Jahre vorher begegneten sie sich, sie als Realschülerin und er als Helfer für einen ordentlichen Realschulabschluss, weil es ihren Eltern wegen ihres Geschäfts zeitlich nicht möglich war, ihre Tochter zu unterstützen.

Kaum war er in Ebermannstadt am Gymnasium, tauchte eines Tages ein gewisser Herr Fritz Preis, Vorsitzender des Fränkische-Schweiz-Vereins, beim Oberstudiendirektor Erich Döttl auf, um einen Kollegen für den sich neu gründenden Arbeitskreis Heimatkunde im FSV zu werben. Ziel war es, die Geschichte der Fränkischen Schweiz zu dokumentieren. Glücklicherweise sagte Hans Weisel zu. Zum Arbeitskreis zählte auch mein Vater, ehemals Schulmeister in Morschreuth.

Die gestellte Aufgabe füllte er mit seinem Arbeitskreis mehr als 40 Jahre äußerst erfolgreich aus: mit 42 erschienenen Büchern und Schriften und dem Aufbau einer Bücherei mit mehr als 20 000 Bänden, in der Literatur und alles Material über die Fränkische systematisch gesammelt wird.

„Dies ist nicht nur eine respektable Entwicklung, sondern ein Alleinstellungsmerkmal unter den Vereinen im Deutschen und Bayerischen Wanderverband. Alles ist, insbesondere auf die Initiative von Hans Weisel entstanden. Er war aber nicht allein der Vordenker, der Theoretiker, der Chef der die anderen arbeiten lässt - nein, er war Vordenker und Umsetzer, der Praktiker, der die Idee zum Buch entwickelte, der die Autoren suchte und zum Schreiben animierte“, so FSV-Hauptvorsitzender Reinhardt Glauber anlässlich der Ernennung von Dr. Hans Weisel zum ersten Ehrenmitglied im FSV.

Anfang der 80er Jahre zählte die Ortsgruppe ca. 100 Mitglieder. Vor allem Dank der Werbetrommel für die Familienfreizeiten, die kleinen und großen Radtouren waren es gegen Ende des Jahrhunderts fast 700 mit dem Maximum im Jahr 2010 mit 771 Mitgliedern. 1998 übernahm Hans Weisel nach Herrn Schlössers Tod den 1. Vorsitz. Den 2. Vorsitz hatte er schon 1989 von Karl Theiler geerbt. Markenzeichen waren alljährlich umfangreiche Jahresprogramme mit oft bis zu 45 Veranstaltungspunkten auf dem bekannten Terminstreifen.
„Traditionen schaffen“ ist eine zentrale Aufgabe eines erfolgreichen Vorsitzenden. Hans Weisel ist dies in unserer Ortsgruppe in vielfältiger Weise gelungen:

  • Gleich in seinem ersten Jahr als Vorstand begann die Tradition des Ostereiermarktes

  • 1999 wurden zum ersten Mal die beiden Osterbrunnen am Marktplatz und Kapellenplatz geschmückt

  • Eben in diesem Jahr wurde zum ersten Mal die Marktplatzkrippe aufgebaut

  • Die regelmäßigen Familienfreizeiten brachten dem Fränkische Schweiz Verein zahlreiche neue Mitglieder

  • Die Liste der Radwanderungen seit 2003 ist lang und bis heute nur von Corona unterbrochen worden.

In der Schule, dem Gymnasium Fränkische Schweiz – allein schon vom Namen her die ideale Schule für den Kenner und Liebhaber unserer schönen Heimat und Vereinsvorsitzenden – blieb der Erfolg nicht aus: wurde er schnell Fachschaftsleiter Mathematik, Kollegstufenbetreuer, Mitarbeiter im Direktorat und schließlich stellvertretender Direktor bis zu seiner Pensionierung 2003.

Wenn man das alles sich anhört, fragt man sich, mit welchem Mitarbeiterstab, mit wie vielen Sekretärinnen er das auf die Beine gestellt hat.

„Ich hatte das Glück, dass ich sehr wenig Schlaf brauchte, so wurde viel Arbeit in die Nacht oder den frühen Morgen verlegt,“ sagt Hans Weisel über sich und seine Arbeitsweise.

Das aber ist nicht die einzige Erklärung. Die lautet:

  1. Kellerstraße 14
  2. Monika.

In der Denk – und Machtzentrale hinter dem Bahnhof wird unermüdlich geschafft, gedacht, geplant, vorbereitet, werden unter anderem Bücher gestapelt und ausgeliefert.

1984 bezogen die Weisels inzwischen mit Andreas und Ruth zur großen Familie geworden, ihr neues Heim am Fuße des Debert. Es entwickelte sich zum Logistikzentrum des FSV Ebermannstadt. Hier laufen die Fäden zusammen, finden die vorbereitenden Sitzungen bei Kaffee und Monikas leckerem Kuchen statt, werden Weichen gestellt – und das über eine sehr lange Zeit hinweg.

Und das ist das Erfolgsrezept: Im Fränkischen heißt es: der eine dreht, der andre schleift! Wer dreht und wer schleift ist unerheblich, das Ergebnis ist ausschlaggebend.

Das Ergebnis ist eine durchstrukturierte, wohlorganisierte, gut funktionierende und durchdachte Organisation in der Ortsgruppe mit einem sehr umfangreichen und vielfältigen Angebot für die vielen, verwöhnten Mitglieder. Monika kümmerte sich um die Mitgliederdatei, die Organisation der Geschenke zu Geburtstagen und Jubiläen, die Lebkuchen und anderen Kuchen zu vielerlei Anlässen und die Trachten. Das sind aktuell ihre Funktionen in der Ortgruppe. Der Hauptverein überreichte Monika 2019 das Ehrenzeichen in Gold mit Kranz, wir ernennten heute Monika Weisel als Dank für ihre vielfältige Sorge und die umfassenden Bemühungen zum Ehrenmitglied.

  • Urkunde und Blumenstrauß werden vom neuen Vorsitzenden überreicht.

Und ihn, Dr. Hans Weisel, die Galionsfigur unserer Ortsgruppe über viele Jahre hinweg wollen wir zu unserem Ehrenvorsitzenden ernennen - als kleines Dankeschön für das Aufblühen unserer Ortsgruppe Ebermannstadt, eine Führung als Mischung zwischen hohem wissenschaftlichen Anspruch und familienfreundlichen Unternehmungen. Wir sind stolz und froh, dass wir zur Ortsgruppe Ebermannstadt gehören und danken dir / danken euch für die unermüdliche und ideenreiche Arbeit im Vordergrund, aber auch bei euch daheim, ohne dass es für die breite Öffentlichkeit sichtbar war, die Ergebnisse sprechen für sich.